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Brexit und eCommerce: Auswirkungen auf den Online-Handel

Die Briten haben sich entschieden: Für den Brexit und damit gegen die EU. Die Auswirkungen werden wir in Deutschland auf jeden Fall zu spüren bekommen, ist Großbritannien doch – hinter den USA und Frankreich – unser größter Handelspartner.

Die Hintergründe zum Brexit

Monatelang wurde eine hitzige Debatte über einen möglichen Brexit geführt. Die Befürworter des EU-Austritts argumentieren, dass der Brexit eine Befreiung von den strengen Gesetzen und Regulierungen aus Brüssel bedeutet. Insbesondere Freizügigkeitsgesetze und die damit verbundene freie Wahl des Wohnorts und der Zuzug aus dem Süden und Osten der EU stoßen den Briten sauer auf. Außerdem sind da noch die Mitgliedsbeiträge: Von 2007 bis 2012 zahlten die Briten 78 Mrd. Euro in den EU-Haushalt und erhielten im Gegenzug EU-Zuschüsse im Wert von 37 Mrd. Euro.

Gegner des Brexits weisen auf die extremen ökonomischen Kosten hin, die durch einen Austritt aus der EU entstehen würden. Laut OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) soll sich das durchschnittliche Haushaltseinkommen bis 2020 im günstigsten Fall um 2800 Euro verringern. Auch das britische Finanzministerium geht von hohen Verlusten aus und der britische Gewerkschaftsbund prognostiziert den Verlust von bis zu 4 Millionen Arbeitsplätzen.

Mit knappen 51,9% entschied sich am 23. Juni die knappe Mehrheit der Briten für einen Ausstieg aus der Europäischen Union – damit ist der Brexit jetzt Realität. Noch kann niemand die genauen Folgen vorhersehen, aber für die EU wird der Austritt der Briten negative Folgen haben. Die tatsächliche Dimension der wirtschaftlichen und ökonomischen Konsequenzen wird sich in den nächsten sieben Jahren herausstellen, das schließt natürlich den Offline- und Online-Handel ein.

Mögliche Brexit-Folgen für den Handel

Im Jahr 2015 verkauften deutsche Unternehmen Waren im Wert von 90 Milliarden Euro an Großbritannien. Der Brexit schafft jetzt wieder Hindernisse: möglicherweise müssen die Briten ihren Zugang zum Binnenmarkt komplett neu aushandeln. Langfristig gesehen kann der Brexit zu Handelshemmnissen führen, was folgende Ursachen hat:

  • der bürokratische Aufwand nimmt zu
  • unterschiedliche Standards in der Produktsicherheit entstehen
  • Personal kann nicht mehr so einfach zwischen den Standorten ausgetauscht werden, da die Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht mehr gilt

Besonders die Automobilindustrie könnte am Brexit zu knabbern haben, denn das Vereinigte Königreich ist der größte Exportmarkt für deutsche Autos. Hier drohen den Händlern nun umfangreiche Zulassungsverfahren, die sowohl zeit- als auch kostenintensiv sind.

Zu den Profiteuren des Brexits könnten neben Finanzspekulanten auch Industrien zählen, denn ein Ausschluss Großbritanniens aus dem europäischen Binnenmarkt könnte für die chemische Industrie Wettbewerbsvorteile und ein zusätzliches Wachstum von bis zu einem Prozent ausmachen.

Kostenanstieg bis zu 15% möglich

GB galt bisher als EU-Aushängeschild im Online-Handel: Laut der eCommerce Foundation gaben die Briten im letzten Jahr 175,1 Milliarden Euro im Online-Handel aus, mit einigem Abstand gefolgt von Frankreich, Deutschland und Russland. Erste Brexit-Analysen befürchten einen Kostenanstieg für Online-Shopper innerhalb und außerhalb der UK. Experten mutmaßen, dass dieser 2-15% betragen könnte, abhängig von der Produktkategorie. eCommerce Unternehmen in Großbritannien müssten dann höhere Lieferkosten und unterschiedliche Steuer- und Zollsysteme auf sich nehmen. Deutsche Online-Shopper werden in Zukunft wahrscheinlich Bestellungen aus Großbritannien häufig vermeiden, wenn diese sich über den zollfreien Beitrag bewegen sollten.

Aus deutscher Sicht zählen besonders exportstarke und mittelständisch geprägte Industrien wie etwa der Maschinenbau zu den Leidtragenden, denn Großbritannien zählt zu den Kernmärkten des deutschen Maschinenbaus in Europa. Bisher sind aber noch keine Anzeichen eines Rückgangs der Bestellungen aus UK zu verzeichnen.

In Großbritannien soll es laut jüngster Prognosen die Modebranche besonders hart treffen, hier sollen die Händler einen Rückgang von zwei bis vier Prozent erleiden. Außerdem sollen Investitionen innerhalb der UK bedeutend zurückgehen, das betrifft insbesondere den eCommerce-Bereich.

Und in Deutschland?

Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder prophezeit, dass es in Zukunft für Dienstleister und Startups eng werden könnte: „Es ist zu erwarten, dass sich Großbritannien von den Standards des digitalen Binnenmarkts entfernen wird. Für Unternehmen aus Deutschland bedeutet das, dass sie sich mit abweichenden Regeln in Großbritannien beschäftigen müssen.“ (Quelle: http://www.internetworld.de/e-commerce/online-handel/brexit-online-handel-bedeutet-1108577.html) Gerade für mittelständische Unternehmen und Startups sei das aber schwierig, hinzukommend können IT-Dienstleister, die meistens in internationalen Teams arbeiten, nicht mehr von der Arbeitnehmerfreizügigkeit profitieren.

Was erst auf den zweiten Blick auffällt, aber trotzdem verheerende Auswirkungen haben könnte, ist die Gefährdung der gerade mühsam verabschiedeten EU-Datenschutzgrundverordnung über Verbraucherschutzrechte und Umweltschutzrichtlinien. Durch den Brexit sind eine Vielzahl der Regelungen in Frage gestellt und werden mit Vollzug des Austritts ihre Gültigkeit verlieren. Davon werden besonders Unternehmen betroffen sein, die über Zentralen oder Niederlassungen in Großbritannien verfügen, denn zwangsläufig wird dann der Austausch von beispielsweise Kundendaten stark eingeschränkt sein.

Wie geht es jetzt weiter?

Es ist davon auszugehen, dass Großbritannien versucht das Free Trade Agreement (FTA) mit der EU zu erhalten, denn ansonsten drohen zwangsläufig Ungleichheiten in der Steuerstruktur und höhere Zölle für einen signifikanten Anstieg der Kosten für eCommerce-Unternehmen in UK.

Laut EU-Vertrag sind die europäischen Verträge ab der Austrittserklärung Großbritanniens noch zwei Jahre lang anwendbar, diese Frist kann durch die Mitgliedsländer auch noch verlängert werden. Ein tatsächlicher Brexit könnte also frühestens am 1. Juli 2018 rechtskräftig werden. In diesem Sinne gibt es also noch viel Zeit zum handeln.

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